Auf Instagram folge ich einer Handvoll Abenteurer, die mit einem Wohnmobil durch Europa reisen. Einige reisen allein, andere mit ihren jungen Familien. Ich finde es bewundernswert, wie sie die Tage durchstehen, an denen es regnet, es keine Dusche gibt und man schlecht gelaunt ist. Wie überlebt man diese Tage, wenn man sich auch noch um sein bewegliches Kind kümmern muss oder sich einfach nur um sich selbst kümmern soll. Und doch erscheint es mir großartig, weil man die ganze Zeit zusammen ist und an schönen Tagen erstaunliche Dinge sieht. Als ich durch meine Posts scrollte, sah ich sie auf den Campingplatz fahren.
Sie kamen zusammen im Wohnmobil auf den Campingplatz gefahren. Die Frau ist gefahren, was ich schon super cool fand. Sie winkte dem Campingplatzbesitzer fröhlich zu. Der Mann schaute starr durch die Windschutzscheibe. Ich schätze, sie waren Mitte 70. Wir standen nicht auf demselben Stellplatz, aber ich kam sie regelmäßig entgegen. Sie waren immer zusammen, Hand in Hand. Sie grüßte jeden freundlich. Er sah die anderen Campinggäste kaum an und grüßte nicht. Er ging mit kurzen, steifen Schritten, sie passte sich seinem Tempo an.
Eines Abends liefen sie wieder Hand in Hand über den Camping. Beide trugen Bademäntel. Sie einen roten mit Blumen, er einen dunkelblauen. Sie sagte ihm, sie habe die Duschmünze vergessen. Er müsse noch eine Weile auf der Bank warten. Sie half ihm, sich auf die Bank zu setzen. Als sie zurückkam, musste sie ihm wieder aufhelfen. Ich konnte sehen, dass er Schwierigkeiten hatte, zu das laufen zu starten. ‘Parkinson’, sagten mir mein Vater und meine Tante beim Zelt. ‘Großvater hatte das auch. Er hatte Schwierigkeiten beim Gehen, zittrige Hände und einen starren Blick’.
Am nächsten Tag sah ich die Beide wieder. Sie wäscht ab und er sitzt neben ihnen auf der Bank. Lucas kam mit seinen viel zu großen gelbe Stiefeln und seinem Wildschwein Kuscheltier vorbei. Zu seinen Füßen lag ein großer Tannenzapfen. Lucas hob ihn auf und fütterte sein Wildschwein damit. ‚Zein Appel eten‘, sagte er zu dem Mann. Der Mann hat Parkinson und ist Deutscher, also hat er Lucas nicht verstanden. Aber ich konnte sehen, dass er Lucas doch verstand, denn sein starrer Blick wurde weicher. Ein Mundwinkel ging nach oben. Er erwiderte nichts, aber das war Lucas egal. ‚Tschüss‘, sagte Lucas und winkte dem Mann zu. ‘Tschüss’, sagte der Mann zurück. Die Frau sah vom Abwasch auf und sie lächelte. Ich könnte weinen.
Als sie Hand in Hand in ihren Bademänteln über den Campingplatz spazierten, sahen sie unbeschwert aus. So möchte ich auch alt werden. Erst als die Frau die Duschmünzen vergaß, sah ich Sorge, aber auch Sorgsamkeit. So etwas gibt es nur bei echten Abenteurern, und die habe ich in Reel live gesehen. Zum ersten Mal habe ich Abenteurer im echten Leben gesehen. Ich möchte auch so abenteuerlustig werden. Dann werden wir zusammen reisen. Zusammen mit Henk, Lucas und einem Wildschwein, denn dann wird alles Gut.