Immer was zu schreiben, Sternenkind

Fruchtwasseruntersuchung und abtreibung

Kapitel 7

28. Februar 2023

Die letzte Woche war hart. Ich habe sehr bewusst das Leben unseres Babys gespürt, aber in meinem Kopf war ich auch mit dem Abschiednehmen beschäftigt. Es ist schön, dass wir nicht darüber nachdenken mussten, welche Entscheidung wir nach dem Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung treffen würden. Natürlich haben Henk und ich darüber gesprochen. Aber wir sind froh, dass wir unsere Entscheidung nicht laut aussprechen mussten.

Formulare und noch mehr Auswahlmöglichkeiten.

Am Dienstag begann ich mit einem Gespräch mit dem Anästhesisten. Die bekannte Reihe von Fragen: Wann haben Sie das letzte Mal gegessen, vertragen Sie die Narkose gut, kann Ihr Partner Sie nach Hause bringen usw. Danach haben wir ein Gespräch mit der Gynäkologin. Wir werden über den Verlauf der Wehen aufgeklärt, müssen die Abtreibungsformulare ausfüllen und einige andere Dokumente unterschreiben. Auch können wir unsere Wünsche rund um die Geburt und die Verabschiedung äußern. Wir wissen nicht, was wir wollen. Wir wollen es beide nicht: nicht die Geburt und nicht den Abschied. Also entscheiden wir in dem Moment, was wir wollen.

Wir wissen nicht, was wir wollen. Wir wollen eigentlich gar nichts.

Der Arzt weist uns darauf hin, dass wir noch eine Fruchtwasseruntersuchung durchführen lassen können. Diese wird mit der gleichen Spritze durchgeführt, mit der unserem Baby das Schlafmittel verabreicht wird. Die Fruchtwasseruntersuchung ist schneller und einfacher als die Kultivierung der Plazenta und/oder der Nabelschnur. Mach mal dann. Es ist sowieso doch alles schrecklich.

Amniozentese.

Der Gynäkologe wirft noch einmal einen Blick auf unser Baby mit dem Ultraschallgerät. Wir beobachten auf dem Bildschirm unseren tapferen Krieger. Das Herz schlägt und die kleine Hand bewegt sich auf das Gesicht zu. Das Bild ist wunderschön. Das ist das letzte Mal, dass wir unser Baby lebendig und in Bewegung sehen. Dann schalten sie auf unsere Bitte hin den Bildschirm aus. Das Ultraschallgerät bleibt auf meinem Bauch, damit der Gynäkologe und seine beiden Assistenten sehen können, was sie tun. An der Einstichstelle erhalte ich ein Betäubungsmittel. Trotzdem ist das Einführen der Spritze empfindlich. Der Gynäkologe warnt mich, dass das Einstechen in die Gebärmutter noch ein bisschen empfindlicher ist. Ein bisschen ist eine Untertreibung.

Das Aufsaugen des Fruchtwassers tat furchtbar weh. Der Gynäkologe musste nach Fruchtwasser suchen, weil die Gebärmutter fast kein Fruchtwasser mehr hatte. Er rührte in meiner Gebärmutter, um trotzdem ein paar Milliliter abzusaugen. Im Inneren der Gebärmutter ist jede Bewegung mit der Nadel wirklich sehr schmerzhaft. Henks Fingerknochen waren kaum gebrochen. Ich habe seine ganze Hand zusammengedrückt. Am Ende schaffte er es, 4 ml der erforderlichen 7 ml aufzusaugen. Ich musste eine Zeit lang liegen bleiben. Der Gynäkologe sagte mir, dass viele Frauen berichten, dass der Termin beim Zahnarzt schmerzhafter ist. Diesen Frauen empfehle ich, einen anderen Zahnarzt aufzusuchen.  

Der Schwangerschaftsabbruch.

Die Verabreichung des Schlafmittels an unser Baby verlief zum Glück reibungslos und schmerzfrei. Wir haben unser Baby in Schlaf versetzt. Dieser Gedanke tat weh. Der Gynäkologe kommt mehrmals, um zu überprüfen, ob das Herz unseres Babys bereits aufgehört hat zu schlagen. Erst beim dritten Mal hören ist es still. Völlig still. Das Leben unseres tapferen, süßen Kriegers ist zu Ende. Es scheint, als ob auch das Brummen der Computer verstummt ist und die Vögel nicht mehr singen. Der Gynäkologe durchbricht schließlich die Stille. Wir müssen am Nachmittag wiederkommen. Erst dann wird ein Zimmer auf der Frauenstation frei. Das war es also. Die Abtreibung. Das Leben. Unser Baby.

Aber so lange ich unser Baby noch bei mir trage, fühlt es sich noch nicht wie das Ende an. Noch eine Weile genieße ich den Moment des Zusammenseins.

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