Die ersten Wochen nach der Geburt von Jari (unserem Sternenkind) waren dunkel. Sehr dunkel. Besonders in meinem Kopf. Die Traurigkeit und der Verlust haben mich überwältigt. Ich hatte das Gefühl, dass ich immer tiefer in die Nacht hineingezogen wurde, aber ich habe es nicht verhindert. Ich habe es geliebt.
Haßt du jemals in einer dunklen Nacht nach oben geschaut? Dann siehst du einen wunderschönen Sternenhimmel. Denn nur wenn es wirklich dunkel ist, kann man die Sterne richtig sehen. So funktioniert es. So war es auch mit meinem Kummer. Je trauriger ich war, desto mehr Liebe empfand ich für Jari. Also suchte ich den dunkelsten Ort auf, ließ mich tiefer in die Nacht ziehen und weinte. Durch meine Tränen hindurch schaute ich in den Sternenhimmel. Dort sah ich diesen einen Stern leuchten. Ich fühlte mich wie ein Wolf.
Denn nur wenn es wirklich dunkel ist, kann man die Sterne richtig sehen.
Nach ein paar Wochen spürte ich, wie die völlige Dunkelheit verschwand. Ich sah, dass mehr und mehr Menschen ein Licht für uns angezündet hatten. Damit wurde es weniger dunkel. Aber meine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Das Licht tat meinen Augen weh. Wo ich dachte, dass ich nur in der dunkelsten Nacht Sterne sehen kann, dachte ich auch, dass ich nur mit großer Traurigkeit Liebe empfinden kann. ‚Mach diese Lichter aus. Was für eine Lichtverschmutzung‘, dachte ich bei mir. Ich wollte mich noch nicht an das Licht gewöhnen. Am liebsten würde ich zurück in die tiefe Nacht gehen. Ich brauchte den Kontrast, um besser zu sehen und mich besser zu fühlen. Denn ein Stern leuchtet in einer dunklen Nacht besser als in der Dämmerung. So kann sich auch die Liebe, mit viel Traurigkeit besser anfühlen. Zumindest dachte ich das.
Irgendwann brauchte ich den Kontrast nicht mehr, um zu fühlen und zu sehen. Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich einen wunderschönen Sternenhimmel, fühle viel Liebe und spüre, wie die Tränen brennen. Auch ohne die Dunkelheit sehe ich Sterne. Auch ohne Traurigkeit fühle ich Liebe. Ich bin froh, dass ich das Licht wieder ertragen kann.
Gelegentlich sehne ich mich noch nach einer dunklen Nacht, denn manchmal braucht man die Dunkelheit, um klar zu sehen.
Manchmal braucht man die Dunkelheit, um klar zu sehen.
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